hier ein Artikel aus der Financial Times Deutschland zum Thema Alpakas vom 09.03.2009
Alpakas
sind possierliche Tiere, spucken trotz Lamaverwandtschaft nur ganz selten - und
sind ausgesprochen wertbeständig. In den USA entdecken krisengebeutelte
Menschen das Andentier nun als sicheres Investitionsobjekt.
Flauschigkeit
kennt keine Konjunkturschwankungen. Peggy Parks, 49, ist darum sicher, nach
finanziellen Rückschlägen und herben Einbußen endlich eine sichere
Altersvorsorge gefunden zu haben. Für 56.000 $ hat sie sich eine kleine
Alpakaherde gekauft. "Ich habe mit Aktien ein Vermögen verloren",
sagt die Wirtschaftsprüferin aus Johnstown, Pennsylvania, "nun vertraue
ich den Tieren".
Wer die
Homepages amerikanischer Alpakazüchter besucht, um sich niedliche Tierbilder
anzusehen, bekommt dort derzeit außerdem eine kostenlose Finanzberatung. Mit
einer eigenen Zucht lasse sich der Finanzkrise trotzen, schreiben die Halter der
Lamaverwandten und preisen sie als "The World's Finest Livestock
Investment". Überzeugend, offenbar: Der amerikanische Zuchtverband
verzeichnet seit einigen Monaten sieben Prozent Zuwachs im Alpakabestand.
Alpakas,
eine Kamelart aus den Anden, kommen in den USA als krisenfeste Investition in
Mode
Die
Argumente für eine eigene Herde: Der Wert die Tiere bleibt seit Jahren
konstant, da er nicht allein von der Nachfrage nach der feinen Wolle abhängig
ist. Die strengen Einfuhrbestimmungen halten die Zahl der in den USA lebenden
Alpakas mit etwa 140.000 relativ klein, und so sind es vor allem die Tiere
selbst, mit denen Geld zu verdienen ist. Die Beschränkungen verhindern, dass
der Markt explodiert und als Blase zerplatzt. Eine Alpakastute kostet zwischen
10.000 und 20.000 $, für Spitzenhengste werden in den USA durchaus auch über
50.000 Euro gezahlt. "Meine Freunde halten mich für verrückt - weil sie
eben keine Ahnung haben, was diese Tiere wert sind", sagt Peggy Parks.
Für sie
ist die Alpakarechnung ausgesprochen simpel. Nur wenige Investitionen sind in
der Lage, sich jedes Jahr selbst zu reproduzieren. Ein Alpaka hat damit keine
Probleme: Eine Mutterstute bringt jedes Jahr ein Junges zur Welt. Männliche
Jungalpakas kann man als Wollproduzenten halten oder an Hobbyzüchter verkaufen,
der weibliche Nachwuchs wird nach etwa eineinhalb Jahren selbst trächtig -
flauschiger Zinseszins in Reinform. In fünf Jahren sollen sich Parks Alpakas
nach ihrem Businessplan bereits amortisiert haben.
Es wäre
pathetisch zu glauben, wirtschaftliche Zustände und grundlegende Verunsicherung
trieben die Menschen nun zurück auf die Scholle, zurück zum ehrlichen
Landleben, wo die Arbeit nicht abstrakt, sondern sehr konkret ist und man sich höchstens
Blasen an den Händen holt, wenn man zu heftig Rüben gehackt hat. Trendforscher
prophezeien allerdings, dass der "Simplicity"-Hype, die Sehnsucht nach
einem vermeintlich einfacheren, unmittelbaren Leben, noch eine ganze Weile
grassieren wird. Die Alpakazucht passt als Geschäftsmodell bestens in diese
erträumte Idylle.
Denn
trotz offenkundiger Wirtschaftlichkeit sind die Tiere vor allem eins:
ausgesprochen putzig. Ein "huggable investment", wie ein Züchter auf
seiner Homepage schreibt. Eine Geldanlage zum Schmusen! Auch die Spuckneigung
der sanften Tiere, die sich durch Summ- und Brummlaute verständigen, halte sich
in Grenzen. Die Pflege sei simpel und nicht weiter aufwendig, alles Nötige
lernt der Neuzüchter in Kursen, die die Alpaca Owners and Breeders Association
anbietet: "Developing Alpaca Breeding Strategies through Herd Assessment",
"Alpaca Business and Tax Planning" - und "Fun with Fecals",
"Spaß mit Fäkalien". Die krisensicheren Freuden des Landlebens eben.
Aus
der FTD vom 09.03.2009
© 2009 Financial Times Deutschland, © Illustration: reuters